Keine Wahl?
von Marla Louise, übersetzt von Laura
In unserer Gesellschaft hört man oft die Bemerkung: »Ich konnte es mir nicht aussuchen [bitte einsetzen] zu sein.« Ich konnte es mir nicht aussuchen, schwarz zu sein. Ich konnte es mir nicht aussuchen, schwul zu sein. Ich konnte es mir nicht aussuchen, intelligent zu sein. Dem Zuhause etwas näher, höre ich: Ich konnte es mir nicht aussuchen, ein Transvestit zu sein. Ich konnte es mir nicht aussuchen, transsexuell zu sein.
Ich ducke mich jedesmal, wenn ich diesen Ausdruck höre.
Du solltest beachten, dass kein einziger Mensch auf diesem Planeten es sich ›aussuchen‹ kann, was er/sie ist! Wir sind – jeder für sich – einzigartig. Nicht, weil wir uns es aussuchen konnten, sondern durch die Natur und die Umwelt (und vielleicht durch Gott).
Wie auch immer, wenn jemand den Anspruch erhebt, »Ich konnte mir nicht aussuchen, [bitte einsetzen] zu sein«, stecken einige Schlussfolgerungen hinter dieser Aussage, die ich als negativ betrachte.
- Erstens bedeutet es, sich selbst und seine Entscheidungen gleichzusetzen. Und wenn sie dasselbe sind und jemand sein Selbst nicht aussuchen konnte, dann konnte derjenige sich auch seine Entscheidungen im Leben nicht aussuchen. Und er ist damit nicht dafür verantwortlich, da niemand für Taten, die er sich nicht aussuchen konnte, verantwortlich sein kann. Ich denke, dass diese Schlussfolgerung falsch ist. Diese Haltung bedeutet, die Verantwortlichkeit für die eigenen Taten aufzuheben, indem man die Schuld auf seine ›eigene Person‹ oder die ›Natur‹ überträgt.
- Zweitens ist es ein sinnloses Statement, wenn man bedenkt, dass jede/r mit dem selben Problem konfrontiert ist. Wenn aber jemand diese ›Verteidigung‹ benutzt, dann heißt es ja, dass er sich selbst von der Idee der Verantwortlichkeit ausnimmt, während andere das nicht können. »Ich konnte mir mein eigenes Ich nicht aussuchen, damit bin ich für meinen Taten nicht verantwortlich, aber ich schließe andere nicht davon aus, für ihre Taten verantwortlich zu sein.« Das ist eine beinahe heuchlerische Einstellung, indem sich die Person, die diese Aussage trifft, andere, vorteilhafte Lebensregeln gestattet.
- Drittens sagt dies aus, dass man eine Verteidigung braucht, und mit der Notwendigkeit einer Verteidigung heißt es, dass man etwas ›Schlechtes‹ verteidigt. Man hört niemanden ›gute‹ Taten verteidigen wie z.B. ›nett‹ oder ›uneigennützig‹ zu sein, indem man sagt, dass man sich das nicht aussuchen konnte! Man hört diese Verteidigung nur, um ›schlechte‹ Lebensentscheidungen zu entschuldigen. Ich behaupte, dass meine Lebensentscheidungen nicht ›schlecht‹ sind. Ich finde sie sowohl für mich als Person, für die, die ich liebe, als auch für die Gesellschaft im Ganzen besser.
Wenn Du also diesen Ausdruck benutzt, um Crossdressing oder eine Operation zu verteidigen: Du solltest es überdenken. Es wirft kein sehr gutes Licht auf Dich selbst oder unsere Gemeinschaft im Ganzen.
Seite angelegt am 09.05.2004, zuletzt geändert am 23.11.2006.