Gesehen und gelesen – Februar 1994

Die sogenannte fünfte Jahreszeit geht zu Ende, und vielleicht hat sie dem interessierten Leser eine Möglichkeiten gegeben, im Fasching oder Karneval, wie sonst selten im Jahresablauf?

Auch im Kino konnte man einen netten Farbtupfer entdecken nämlich jenes »stachelige Kindermädchen«, das durch die liebevolle und tüchtige Mrs. Doubtfire einem amerikanischen Schauspieler zu einer neuen Paraderolle und viel geschäftlichem Erfolg verhalf. Für ihn hatte man sich eine wirklich eindrucksvolle Maske einfallen lassen, und so avancierte Robin Williams zu einer liebenswerten 60jährigen Haushaltshilfe. In Rock und Schürze wirkte er sogar für seine eigene Familie so echt, daß ihn die Ex-Frau fast sofort einstellte, als ihr die eigene Karriere immer wichtiger wurde, als in der Küche zu stehen. So läuft mit manchen Gags das alte Kino-Rezept ab: Mann in Frauenkleidern, diesmal unterstützt von einer wirklich sehr »umfangreichen« Ganzkörper-Maske. Auch in Nahaufnahme sehen die Haare von dieser Mrs. Doubtfire so echt aus, daß in mir der Neid aufstieg. Aber dann endet bald die Faszination, wenn der Film auch ein Hit ist und viel Geld einspielt, wenn auch die Zuschauer zu gewaltigem Gelächter hingerissen werden, man kann ihn weder an »Tootsie« messen und schon gar nicht mit einer Darstellung wie in »Crying Game« vergleichen.

Dafür darf ich Ihnen einen echten Geheimtip anbieten; wenn Sie gerne einmal in Frauenkleidern auf den Brettern stehen möchten, die die große Welt bedeuten. Allerdings wäre es wünschenswert, daß Sie in der alten Domstadt Köln leben und sich für den ehrwürdigen Kölner-Männer-Gesangsverein qualifizieren. Der hat nämlich schon seit hundert Jahren eine Bühnenspielgruppe mit dem schönen Namen »Cäcilie Walkenburg«. Jedes Jahr bringen die über 100 Mitglieder eine musikalische Aufführung zustande, bei der die »Mannsbilder als Frauenzimmer agieren«. Ausverkaufte Vorstellungen im Kölner Opernhaus sind die Regel, bis zu 25 Mal tritt man im Jahr auf. Wer hätte Lust dazu? (Und wer könnte mir über dieses Ereignis etwas Bildmaterial vermitteln?)

Aber nicht nur im frohen Städtchen am Rhein, auch wo anders kann man interessante Erfahrungen machen. So kann man jetzt über einen der wichtigsten Männer Amerikas etwas lesen: den früheren Chef des FBI, Edgar Hoover. Jahrelang war er der oberste Polizist des Landes und jagte nicht nur Kommunisten, sondern gerne auch Homosexuelle. Eine neue Biographie enthüllt, daß er auch besondere Parties schätzte. 1958 wird die Frau eines Regierungsvertreters eingeladen, mit ihrem Mann in das Plaza Hotel (New York) zu kommen. In einer der größten Suiten trifft sie dort Mr. Edgar Hoover – als Frau verkleidet:

»Er trug ein flauschiges, schwarzes Kleid, mit einem Besatz aus Volant, Spitzenstrümpfe, hohe Absätze und eine schwarze Perücke. Er war geschminkt und trug falsche Augenwimpern. Er saß dort im Salon mit übergeschlagenen Beinen und in einem sehr kurzen Rock. Roy (ihr Mann) stellte ihn mir als ›Mary‹ vor. Aber es war offensichtlich, daß es keine Frau war, man konnte sehen wo er sich rasiert hatte. Es war Hoover. Ich konnte es einfach nicht glauben, daß ich den Chef des FBI als Frau gekleidet sah«.

Nun ja, wie heißt es doch in jenem Film am Ende: Nobody is perfect! Mit diesem Trost –

Rita/Bremen


Seite angelegt am 20.11.2004, zuletzt geändert am 01.09.2005.