Transamerica, 2005.

vorgestellt von Laura

Informationen über den Film

Filmplakat

Über den Film

Bree (Felicity Huffman) ist eine konservative transsexuelle (Fast-) Frau. Für die letzte Operation, die sie endlich in eine ganze Frau verwandeln soll, spart sie jeden Penny. Doch eine Woche vor der finalen Operation stellt ein Anruf aus dem New Yorker Jugendgefängnis ihr Leben auf den Kopf. Der Anrufer – Toby (Kevin Zegers) – ist das Ergebnis einer längst vergessenen, experimentierfreudigen Nacht zu High-School-Zeiten. Als Bree noch Stanley hieß und ein Mann war. Obwohl Bree nichts davon wissen will, schickt ihre Therapeutin sie nach New York. Erst muss mit der Vergangenheit abgeschlossen werden, dann gibt es die lang ersehnte OP. Toby hält Bree zunächst für eine christliche Missionarin, die gestrauchelte Jugendliche bekehren will. Bree sieht keinen Grund, dieses Missverständnis aufzuklären. Doch Tobys Pläne lösen bei Bree Panik aus: Toby will nach L.A., um Stanley zu finden und Porno-Star zu werden. In der Hoffnung, ihn unterwegs bei seinem Stiefvater zurücklassen zu können, bietet Bree ihm an, gemeinsam mit ihm an die Westküste zu fahren. Auf der Suche nach einem Platz in der Gesellschaft und mit viel Sehnsucht im Gepäck begibt sich das ungleiche Paar gemeinsam auf eine turbulente Reise quer durch Amerika. Auf dem Weg nach Westen haben beide entgegengesetzte Ziele: Toby will Stanley finden. Und Bree will Stanley für immer hinter sich lassen.

TRANSAMERICA ist ein wunderbar anrührend und zugleich komisch erzähltes Roadmovie mit Felicity Huffman und Kevin Zergers als ungewöhnliches Vater-Sohn-Gespann, das auf seiner Reise durch Amerika viel über sich selbst, über Ehrlichkeit und den Umgang mit der Wahrheit lernt.

Duncan Tucker über Transamerica und Transsexualität

Transamerica erzählt eine sowohl universelle als auch revolutionäre Geschichte. Es ist seltsam: wir wollen alle die selben Dinge – Familie, Liebe, ein Zuhause. Und doch gibt es soetwas wie »normal« nicht. Die Hauptfigur in Transamerica ist transsexuell – doch der Film ist nicht über Transsexualität. Tief im Herzen ist der Film eine altmodische Geschichte über ein Elternteil, ein Kind und Familienbande. Die Geschichte ist nach bekannten amerikanischen, klassischen Roadmovies angelegt. Doch diese Protagonisten leben alles andere als gewöhnliche Leben. Meine Hoffnung ist, dass Transamerica die Zuschauer in die Gedanken und die Herzen von Menschen katapultiert, die sie sonst als Außenseiter betrachten würden, wenn sie sie überhaupt betrachten würden.

Vor einigen Jahren habe ich eine wundervolle Frau kennengelernt. Einige Monate nach unserem Kennenlernen hat sie mir erzählt, dass sie eine Transsexuelle vor ihrer letzten OP sei. Sie hatte schon Elektrolyse, Gesichts-OPs, jahrelange Hormontherapie hinter sich. Alles, nur noch nicht die endgültige Genital-OP. Ich hatte gar keine Ahnung von ihrer Vergangenheit bzw. ihrer Sexualität, bis sie sich mir geoutet hat. Ich dachte, sie wäre eine »biologische« Frau. Ihr Leben war unglaublich schwer gewesen. Einsamkeit, die Schmerzen der Vergangenheit und eine unsichere Zukunft. Doch ihre Geschichte, so traurig sie auch war, hatte ihr nicht den Humor geraubt. Und die Lebensenergie. Ihr größter Wunsch war es, ein »normales« Leben zu führen. Sie hat mich sehr beeindruckt mit ihrem Humor und ihrem Mut. Ich habe mich gefragt, ob sich ihr Traum jemals erfüllen würde.

Während der Entwicklung von Transamerica habe ich viele andere Transfrauen getroffen und mich ausführlich mit ihnen unterhalten. Und jedes Mal war ich beeindruckt von diesen außergewöhnlichen Frauen und ihren Geschichten. Die so unterschiedlich waren, wie die Frauen selbst. Einige von ihnen waren verbittert, die meisten jedoch waren glückliche und positive Menschen. Ein Großteil der Frauen, die ich getroffen habe, leben als Frauen und lassen sich nicht anmerken bzw. »verschweigen« ihre Vergangenheit.

Ich habe im Laufe meiner Recherchen zu Transamerica auch viele Stricher interviewt. Sie waren allesamt verletzte Kinder. Die meisten waren als Kinder schon missbraucht worden. Sie verwechseln Sex mit Zuneigung und sie definieren sich und ihren eigenen Wert über ihr Äußeres. Weil sie es nicht anders gelernt haben. Deshalb kommt Toby auch in Brees Bett. Er versucht ihr das einzige Geschenk zu geben, das er glaubt zu haben. Aus Einsamkeit und Empathie heraus. Den meisten Menschen ist diese Szene unangenehm. So soll es auch sein. Wie die meisten Jungs, die ich getroffen habe, leidet Toby an schrecklichen Identitäts- und Selbstwertproblemen. Er experimentiert mit gefährlichen Drogen, er weiß nicht, wie man mit Erwachsenen auf einer nicht-sexuellen Ebene umgeht, er ist wütend, will unbedingt gefallen, hat einen unstillbaren Hunger nach Aufmerksamkeit, verführerisch, sexorientiert und er ist doch nur ein Kind.

Wie Dr. Spikowsky Bree am Anfang von Transamerica erzählt, wird Transsexualität von der American Psychiatric Assosiation als eine Geisteskrankheit geführt. Dies hat zur Folge, dass Transsexualität einerseits legitimiert wird – es gibt eine medizinische Diagnose – und andererseits werden Transsexuelle als geisteskrank stigmatisiert. Ich glaube, dass Transsexualität eher eine biologische als eine psychische Sache ist. Ich glaube, dass Transsexualität keine Geisteskrankheit ist. Dass das transsexuelle Aufwachsen in einer Gesellschaft, in der Transsexualität verurteilt wird, schwere Depressionen zur Folge haben kann möchte ich nicht ausschließen.

– Duncan Tucker

Die Entstehungsgeschiche von Transamerica

»Würde Bree Desperate Housewives ansehen? – Ja, sie würde es lieben und Desperate-Housewives-Partys geben. Sie würde vielleicht sogar darüber nachdenken, sich die Haare blond zu färben.« Felicity Huffman

Felicity Huffman, die von Tuckers Angebot, die Hauptrolle in Transamerica zu spielen, erfuhr, während sie beim ersten Treffen für den »Desperate Housewifes«-Piloten war, erzählt: »Duncan sagte mir‚ es ist kein Film über das, was unter Deinem Rock ist.«

»Der Film zieht seine Lebendigkeit und seine Seele aus den Menschen, deren Geschichte er erzählt,« sagt Tucker. »Ich habe ein Roadmovie daraus gemacht, weil ich diese beiden außergewöhnlichen Charaktere vor dem Hintergrund eines gewöhnlichen Amerikas und gewöhnlicher Amerikaner zeigen wollte. Bree und Toby erobern Neuland in ihrem eigenen Leben, während sie vom Nordosten in den Südwesten der USA reisen. Das »Auf und Ab« der Landschaft, durch die sie reisen, spiegelt ihre innere Reise wieder. Es ist unmöglich, ein Drehbuch wie dieses zu schreiben, ohne die Spannung in den Charakteren und Situationen zu berücksichtigen. Aber Bree und Toby bleiben aufgeweckte, hoffnungsvolle Menschen. Ich habe versucht, ihre Geschichte temporeich und witzig zu erzählen, mit einem großen Sinn für Abenteuer und Chancen.«

Da es ein Roadmovie ist, konnten sich die Macher von Transamerica für die Crew und die Schauspieler den Luxus gönnen, mehr oder weniger in der Abfolge der Szenen im Film zu drehen.

Als im ländlichen und im »red state«-Amerika gedreht wurde, waren die Produzenten ein wenig besorgt, dass das Filmthema sie in Schwierigkeiten bringen würde. Produzent Sebastian Dungan erinnert sich, dass er der Crew die Anweisung gab, interessierten Einheimischen zu sagen, der Film sei über eine Frau und ihren Sohn auf einer Reise quer durch das Land.

»Das war nicht wirklich eine Lüge, aber eben auch nicht die ganze Wahrheit.« Erinnert sich Dungan. »Wie viele Low-Budget-Filme waren wir oft auf die Gastfreundschaft der lokalen Kirchen und kommunalen Einrichtungen angewiesen, die ihre Räumlichkeiten als preiswerte Unterkünfte in der Nähe der Sets an uns vermieteten. Ich weiß noch, wie ich einmal besonders nervös wurde, als wir in einer Mormonen-Kirche mitten im Nirgenwo, Arizona, untergebracht waren. Sie stand am anderen Ende der Straße, auf der wir die Szene mit Sammys Indianerzelt drehten, in der Toby Bree damit konfrontiert, dass sie einen Penis hat. Überall waren Zeichen aufgestellt, die dazu aufforderten, die Kirche zu respektieren – »kein Fluchen, kein Rauchen« stand auf einem Schild – und ich war besorgt, dass unsere Radau-Crew aus New York vergessen würden, wo sie waren. Einmal ertappte ich ein paar Mitglieder der Crew, wie sie mit einem der Prothesen-Penisse herumalberten, die wir für eine der folgenden Szenen vorbereitet hatten. Im Hintergrund war ein Jesus-Bild an der Wand. Leider musste ich den Spaß beenden.

Huffman erinnert sich: »Der Dreh begann in New York, was wunderbar war, weil ich wieder in der Stadt sein konnte. Als junge Schauspielerin habe ich davon geträumt, einmal einen Film in New York zu drehen. Da ich ein Mitglied der Atlantic Theatre Company bin, überredete ich einige der Kollegen, ans Set zu kommen und die ersten Drehtage mit anzusehen. Dadurch wollte ich sicher zu gehen, dass ich nicht völlig verloren und total schlecht sei. Dann ging es in den Norden von New York State und ich vermisste die Ostküste. Wir flogen nach Phoenix, was wie die Flitterwochen des Projektes für mich waren.

»Es war gut, dass, während sich Felicity und Kevin besser kennenlernten, das Gleiche mit Bree und Toby passierte,« sagt Tucker. »Nach der Hälfte der Produktion, zogen wir nach Arizona, wo die Landschaft atemberaubend und der Himmel immer blau ist. Es hat Spaß gemacht, in dieser herrlichen Landschaft zu sein – die Wüste außerhalb des Chino-Tals, der Watson-See im Granit-Tal und eine wunderschöne Ranch, gelegen an den Felsblöcken außerhalb von Prescott, weiße Klippen im Skull-Tal am alten Senator-Highway. Jeder hatte viel Spaß am Set. Wir drehten die Zeit ihrer Reise, wenn sie anfangen, sich richtig gut zu unterhalten, was wir als Brees und Tobys Flitterwochen bezeichneten.«

Diese »Flitterwochen-Szenen,« und die Szenen, die zur Auflösung des Films führen, in der Toby Brees wirkliche Identität entdeckt, hat von Felicity Huffman und Kevin Zegers eine verzwickte und erkennbar ehrliche Spannung abverlangt. Wie Dungan es beschreibt: »Toby und Bree könnten nicht unterschiedlicher sein. Sie ist konservativ und extrem auf ihr Äußeres bedacht. Er ist wild, exhibitionistisch und unsicher, was seine Ansichten betrifft. Beide sind Einzelgänger, mit einem Argwohn gegen die Welt, die sie misshandelt und stigmatisiert hat. Beide haben sich zurückgezogen und verschlossen, um nicht erneut verletzt zu werden. Die Auseinandersetzung mit ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten sowie die Kompromisse, zu der sie die Geschichte zwingt, ist das Herzstück ihrer Reise.

Kommentar

»Transamerica ist ein bemerkenswerter Film. Er berührt jedes einzelne menschliche Gefühl in Dir .« – Dolly Parton

Weiterführende Informationen


Seite angelegt am 06.03.2006, zuletzt geändert am 23.11.2006.