Eine Andacht

von Freya

Liebe Leserin, lieber Leser!

Das schönste Gleichnis, das Jesus erzählt hat, ist das Gleichnis von den Talenten.

Drei Menschen bekommen einen Sack voller Talente (damals Geldstücke, aber Jesus meinte das schon im übertragenen Sinne) zur Aufbewahrung. Zwei von Ihnen haben mit ihren Talenten gearbeitet und erlebt, wie sich die Talente vermehrten und verdoppelten. Als sie nach den Talenten gefragt wurden, konnten sie glücklich auf ihr  Leben blicken. Sie waren dankbar für das, was ihnen gegeben wurde und stolz darauf, was sie mit ihren Talenten, Fähigkeiten und ihrem Menschsein erreicht hatten. Diesen beiden ist ihr Leben gelungen.

Der dritte hatte Angst. Er hat seine Talente verborgen und versteckt. Damit hat er es gründlich vermasselt. Er hat nicht nur eine Chance, sondern sein Leben vertan. Als Jesus von diesem ängstlichen Menschen berichtete, war klar, auf diesem Verhalten liegt kein Segen. Talente sind nicht gegeben, sie zu verbergen, sondern sie öffentlich zu machen und einzusetzen.

Ich kann diesen dritten Menschen gut verstehen. Meistens ist es einfacher, sich zurückzuhalten und abzuwarten, sich abzufinden und die anderen machen lassen. Das hat häufig nichts mit Faulheit oder Gleichgültigkeit zu tun, sondern mit Angst. »Wie komme ich an? Was sagen die anderen? Werden sie die Nase rümpfen? Werden sie das Besondere meine Talentes sehen und würdigen?« Uns Menschen sind viel Talente gegeben. Wir Christen und Christinnen glauben, dass wir unser ganzen Leben und auch unsere Talente und Besonderheiten Gott verdanken. Alles ist uns gegeben, damit unser Leben gelingt und dass wir helfen, damit das Leben anderer gelingt. Wir haben unsere Talente und Gaben nicht nur für uns, sondern um sie einsetzen zum Wohl der anderen und zum Heil der Welt.

Das wichtigste und größte Talent, das Gott uns gegeben hat, ist unsere eigene Identität, dass wir so Mensch sind, wie Gott uns geschaffen und gewollt hat. Wenn wir uns verbiegen (lassen) und dieses Talent – das Eigentliche und Besondere unseres Lebens – verstecken und vor uns und vor der Welt verbergen, liegt da kein Segen drauf. Dann sind wir dabei, es zu vermasseln, und das darf um Gottes Willen nicht sein.

Wir haben einen Auftrag zum Leben und zum Gestalten dieser Welt, den wir nicht selbst formuliert haben. Gott hat uns zwar ungefragt aber nicht zufällig ins Leben hineingestellt. Und wir haben genug Eigenes und Besonderes und Talente mitbekommen. Gott will, dass unser Leben gelingt und wir einstimmen in sein Lob mit den Worten (Ps 139,14):

»Ich danke dir, Gott, dafür,
dass ich wunderbar gemacht bin,
wunderbar sind deine Werke!«

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Sommerzeit!

Freya


Seite angelegt am 21.12.2004, zuletzt geändert am 01.09.2005.